Dienstag, 9. Februar 2016

Gedrosseltes Internet, erdrosseltes Ich? - oder: "Nur noch 19 Tage, dann gibt's wieder LTE"

 

 

 

Liebe Facebook-Suchtende und Instagramler,


wir schreiben den 10. Februar 2016. Aschermittwoch, Beginn der Fastenzeit. Ich hatte kurzzeitig überlegt, für die diesjährigen vierzig Tage mal wieder auf Süßigkeiten zu verzichten, um es mir und meinen Hüften zu beweisen. Fand die Idee unoriginell und meine Hüften gerade eigentlich sogar mittel bis ok. Dann kam diese wohlbekannte und gefürchtete SMS vom Kundenservice. Und da habe ich entschieden, Internet zu fasten. Wie auch anders, mit eingeschränktem Datenvolumen?!
Dabei bin ich noch nicht mal der größte Internet-Junkie in dieser digitalen Welt! Ich könnte gut ohne WhatsApp, Facebook und Co. Ich will halt nicht!

Eigentlich müsste ich es mittlerweile besser wissen. Wenn mir mein schlaues Handy eine Datennutzungswarnung sendet, um mir nach soliden fünf Werktagen mitzuteilen, dass ich bereits die Hälfte meines Volumens versurft habe, müsste es mich weniger überraschen, dass mir kurze Zeit später komplett der Wind aus den Segeln genommen werden würde.
Dann passiert das, was immer passiert: SMS, "Lieber Kunde, bis Ende des Monats... bla bla bla..." Hass auf die Telekom und deren Knebelverträge, Zorn auf die undisziplinierte Youtube-Schau der letzten Tage und die Gewissheit, dass die nächsten zweieinhalb Wochen charakterbildend ausfallen dürften.
Geduld gehört leider nicht zu meinen ranghöchsten Tugenden. Dafür lässt mein ungebändigter Trotz jeden pubertierenden 14-Jährigen vor Neid erblassen, denn ich würde mein blödes Handy eher gegen die Wand schleudern, als der Telekom nochmal 4,99 EUR für das bisschen Highspeed in den gierigen Schlund zu stecken. Stattdessen lasse ich mich von dem "wird geladen"-Kreis minutenlang verhöhnen, bis der sich nach einer gefühlten Ewigkeit erbarmt und dann doch diese eine wichtige Email plus Inhalt heruntergeladen hat. Und die Tatsache, dass bei einer x-beliebigen Googlesuche eher der bildschirmschonende schwarze Hintergrund erscheint als ein Ergebnis, schont nicht gerade mein empfindsames Nervenkostüm.
Es ist ja nicht so, als wäre mir das noch nie passiert. Leider passiert das häufiger und schneller als gedacht. Leider hat es jedes Mal dieses Weißglut-Potenzial.
Aber: Man kommt in diesen abstinenten Tagen viel mehr zu sich und hat deutlich mehr Zeit für Dinge, die durch das ständige Touchscreen-Daumen-Wischen gut und gern weggescrollt werden. Steuererklärung vom letzten Jahr, Desktop aufräumen, Kühlschrank ausräumen, Kühlfach enteisen. Mal wieder dieses wirklich gute Buch von diesem bedeutenden Autor in die Hand nehmen. Lange Spaziergänge. In Gedanken schwelgen. Nicht erreichbar sein. Fasten. 

Es heißt doch: Man vermisst immer erst dann eine bestimmte Sache, wenn man sie nicht mehr hat. Ohne Internet? Ohne mich! Aber: Ohne ausreichendes Datenvolumen? Gerne ohne mich!
In Wirklichkeit ist es doch so, dass wir sowieso viel zu viel Zeit damit verbringen, in das Smartteil zu stieren. Obsessiv suchend nach Nichtigkeiten und ständig getrieben von Hektik. 

Dann lebe ich halt jetzt mal für den Rest des Monats hinter'm Mond. Vielleicht ist die Sicht von hier oben gar nicht so schlecht. 




Memo an mich: Nächsten Monat öffentliche HotSpots besser nutzen! Plus: Neo Magazin Royale nur mit elterlichem WLAN streamen!