Geschätzte Trachtenliebhaber,
Oktober. Seit fast zwei Wochen wird
zümpftig auf der Wies'n in München geschunkelt und ein Prosit der
Gemütlichkeit besungen. Während die alljährige
Maaß-Rekord-Preissteigerung wieder mal ohne mich stattfindet, sitze
ich hier am PC tippend und betrachte vom Sofa aus mein wunderschönes
Dirndl, das ich nicht im Kleiderschrank gefangen halte, sondern zu
jeder Manns und Fraus Bewunderung als eine Art Wandgemälde an einen
Nagel gehängt, aufbewahre.
Ich hatte erst diesen Sommer mein
Dirndl-Debüt. Ich muss sogar zu meiner Schande dazu sagen, dass ich
als gebürtige Fränkin bis dato noch nie ein Dirndl besessen hatte.
Da ich auch noch nie auf dem Oktoberfest zugegen war (noch ein
Minuspunkt auf dem Bayernkonto) und ich weder in München wohne (wo
Frau gerne im feschen Dirdl im Biergarten flaniert), noch in einer
Blaskapelle spiele (Sorry, aber Jazz im Abendkleid ist mir da einfach
lieber), hat sich das Thema Dirndl für mich nie erschlossen.
Dabei finde ich Dirndl unglaublich
schön. Plus sie machen jede Frau (noch) schöner. Der A-Linien-Rock,
der das Hüftgold erst richtig in Szene setzt, die Schnürung für
eine (fast) echte Wespentaille und dann das Dekoltee. Da darf gerne
hergezeigt werden, was Mama einem mitgegeben hat. In allen Farben des
Regenbogens, mal länger, mal kürzer, mal zu kurz geschnitten. Dazu
geschneggelte Haare oder einen schmucken Flechtzopf und ein Edelweiß
auf's Haupt. Es ist einfach ein schöner Anblick, fesche Mädels im
Dirndl.
Auf der Sandkerwa in Bamberg
Schon allein der Dirndlkauf. So stelle
ich mir die Suche nach dem Brautkleid vor. Stundenlang wird jedes in
Frage kommende Model probiert. Viel Zeit sollte man mitbringen, diese
vielen Schichten zieht man ja nicht einfach so über. Wenn man dann
aus der Kabine tritt, kann man eigentlich an der Reaktion der
Shoppingbegleitung, der Verkäuferin und den anderen Leuten im Raum
erkennen, ob es das eine für dich ist. Und wenn du dann dein Dirndl
gefunden hast, werden diese Reaktionen in freier Wildbahn noch
potenziert. So viele Bicke wie an diesem einen sonnigen
Sandkerwa-Tag, der als „Day of Dirndlicious“ in meine habe ich
noch nie geerntet. Ich glaube, es liegt an dem Wohlgefühl, das man
ausstrahlt, wenn man im Dirndl steckt. Ein Gefühl mit hohem
Suchtfaktor.
Ich blicke wieder auf mein
Dirndl-Wandgemälde. „Du und ich. Wir sollten mal wieder unter
Leute, stimmt's?“ Stillschweigende Zustimmung. „Gut. Dann schau'
ich mal, wann der nächste Zug nach München fährt.“