Sonntag, 4. Oktober 2015

"Im Dirndlirium" - oder: Weil ich ein Mädla bin


Geschätzte Trachtenliebhaber,


Oktober. Seit fast zwei Wochen wird zümpftig auf der Wies'n in München geschunkelt und ein Prosit der Gemütlichkeit besungen. Während die alljährige Maaß-Rekord-Preissteigerung wieder mal ohne mich stattfindet, sitze ich hier am PC tippend und betrachte vom Sofa aus mein wunderschönes Dirndl, das ich nicht im Kleiderschrank gefangen halte, sondern zu jeder Manns und Fraus Bewunderung als eine Art Wandgemälde an einen Nagel gehängt, aufbewahre.
Ich hatte erst diesen Sommer mein Dirndl-Debüt. Ich muss sogar zu meiner Schande dazu sagen, dass ich als gebürtige Fränkin bis dato noch nie ein Dirndl besessen hatte. Da ich auch noch nie auf dem Oktoberfest zugegen war (noch ein Minuspunkt auf dem Bayernkonto) und ich weder in München wohne (wo Frau gerne im feschen Dirdl im Biergarten flaniert), noch in einer Blaskapelle spiele (Sorry, aber Jazz im Abendkleid ist mir da einfach lieber), hat sich das Thema Dirndl für mich nie erschlossen.
Dabei finde ich Dirndl unglaublich schön. Plus sie machen jede Frau (noch) schöner. Der A-Linien-Rock, der das Hüftgold erst richtig in Szene setzt, die Schnürung für eine (fast) echte Wespentaille und dann das Dekoltee. Da darf gerne hergezeigt werden, was Mama einem mitgegeben hat. In allen Farben des Regenbogens, mal länger, mal kürzer, mal zu kurz geschnitten. Dazu geschneggelte Haare oder einen schmucken Flechtzopf und ein Edelweiß auf's Haupt. Es ist einfach ein schöner Anblick, fesche Mädels im Dirndl.


Auf der Sandkerwa in Bamberg


Schon allein der Dirndlkauf. So stelle ich mir die Suche nach dem Brautkleid vor. Stundenlang wird jedes in Frage kommende Model probiert. Viel Zeit sollte man mitbringen, diese vielen Schichten zieht man ja nicht einfach so über. Wenn man dann aus der Kabine tritt, kann man eigentlich an der Reaktion der Shoppingbegleitung, der Verkäuferin und den anderen Leuten im Raum erkennen, ob es das eine für dich ist. Und wenn du dann dein Dirndl gefunden hast, werden diese Reaktionen in freier Wildbahn noch potenziert. So viele Bicke wie an diesem einen sonnigen Sandkerwa-Tag, der als „Day of Dirndlicious“ in meine habe ich noch nie geerntet. Ich glaube, es liegt an dem Wohlgefühl, das man ausstrahlt, wenn man im Dirndl steckt. Ein Gefühl mit hohem Suchtfaktor.

Ich blicke wieder auf mein Dirndl-Wandgemälde. „Du und ich. Wir sollten mal wieder unter Leute, stimmt's?“ Stillschweigende Zustimmung. „Gut. Dann schau' ich mal, wann der nächste Zug nach München fährt.“




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